Zuerst einmal… ich bin kein Produzent, Händler oder was auch immer, ich kenne auch keinen Arbeiter. Das hier ist also weiter nichts als meine Meinung und meine Gedanken!
Ich habe bei Kik gearbeitet. Ich habe bei Kik, Ernstings, Nkd, C & A und wo auch immer einkauft. Und natürlich in dem Bewusstsein, dass ein Shirt, das ich für 3 oder 5 oder auch 7 Euro kaufe unmöglich in Deutschland produziert worden sein kann. Natürlich weiß man, dass diese Shirts irgendwo in Asien- unter nicht europäischen Standards vernäht werden.
Jeder hat schon mal von unwürdigen und sogar gefährlichen Arbeitsbedingungen gehört. Ob bewusst oder nicht. Jeder hat auch schon mal von Fair Trade gehört. Aber befasst sich auch jeder damit? Hand aufs Herz, wohl einer nicht. So ist es zumindest bisher bei mir gelaufen- ich will nichts verteidigen und auch nichts schön reden, aber machen wir uns nichts vor: wer mehrere Kinder (in unserem Fall Vier) hat ist mit Kik & Co, finanziell gut beraten. Allzu oft ist es sogar- gerade aus finanziellen Gründen- die einzige Option. Meine Kinder sind nun größer, nicht mehr im Kindergarten. Sie brauchen nicht mehr permanent neue Klamotten, weil sie rauswachsen oder sie einfach verschleissen.
Also Zeit für Alternativen. Seit ich selber nähe, befasse ich mich intensiver mit Stoffen. Klar sind einem Qualitätsmängel im Stoff auch vorher schon aufgefallen. Wesentlich deutlicher ist das jetzt aber, wenn man sich NUR mit dem Stoff auseinandersetzt. Und hier kommt dann auch plötzlich die Herkunft ins Visier des eigenen Interesses.
Aber ist Fair Trade auch wirklich das, was man vermutet? Denn machen wir uns nichts vor- Stoff ist teuer. Fair gehandelter noch teurer. Ist er das wert? Ist hier wirklich drin was draufsteht? Oder ist auch das wieder nur eine Mogelpackung, die Gewissen beruhigt und Geld in die Kassen der falschen Leute spült?
Ein schwieriges Thema. Ich kaufe häufig im Internet. Natürlich ist es nirgends leichter, als hier, einfach ein FairTrade Abzeichen anzubringen und den Preis zu erhöhen. Wer soll es kontrollieren? Aber auch wenn im Weltladen um die Ecke FairTrade draufsteht, muss man sich hier auf die Aussagen eines Lieferanten verlassen, den man gar nicht kennt. Sicherheit geht anders.
Ich habe beim Klamottenkauf nie gezielt nach mit Fair Trade zertifizierten Produkten gesucht. Klar trenne ich Müll, klar vermeide ich Plastiktüten und kaufe auch bevorzugt Obst und Gemüse aus der Region. Aber was ist mit denen, die meine Klamotten herstellen? Nicht wirklich. Also habe ich mich mal mit FairTrade befasst. Was ist das und ist es das, war wir brauchen?
Fair Trade verfolgt mehrere Standards:
- Sozial betrachtet sollen Kleinbauern und Arbeiter gestärkt und geschützt werden (geregelte Arbeitsbedingungen, Ausbeutungsschutz, keine Kinderarbeit, etc.).
- Ökologisch steht der Umweltschutz im Fokus: Schutz natürlicher Ressourcen, Verbot gefährlicher Pestizide, Bio- Anbau, etc.
- Ökonomisch heißt das: die Bezahlung der FairTrade Mindestpreise, von Prämien, Transparenz
Sicherlich alles ehrenhafte Vorsätze. Kinder sollen Kinder sein und nicht in Fabriken sitzen und Klamotten nähen! Dennoch stellt sich hier die Frage (abgesehen von der Kinderarbeit): ist es richtig, das wir uns einmischen?
Es gibt ganze Organisationen, die sich nur damit befassen, heraus zu filtern wie fair oder unfair der Handel der Welt ist. Und bei den Meisten ist das Ergebnis glasklar: der Welthandel ist unfair und ungerecht!
Aber: So klar finde ich das gar nicht!
Zu handeln ist doch im Grunde etwas völlig normales. Selbst meine jüngeren Kinder, 7 und 11 Jahre alt, handeln. Sie tauschen fleißig Pokemon- Karten mit ihren Freunden. Die einfachste Art des Handels. Ich habe das und gebe es dir, im Gegenzug hast du das und gibst es mir. Einfach, transparent, unkompliziert. Und vor allem: keiner der beteiligten Kinder findet den Handel unfair oder ungerecht.
Problematisch machen es doch diejenigen, die andere zu ihrem einigenen Vorteil übertölpeln. Die eine Notlage der anderen Seite ausnutzen.
Sind die Menschen, die irgendwo in Costa Rica unseren Kaffee pflücken in einer Notlage? Natürlich. Würden sie nicht für uns arbeiten, müssten sie hungern. Aber: Geht es ihnen wirklich besser, wenn sie mehr verdienen würden? Vielleicht! Denn steigt damit nicht auch die Gefahr Arbeitskräfte durch Maschinen zu ersetzen?
Sollte man sich also wirklich einmischen? Braucht es nicht vielleicht auch den „natürlichen“ Weg von arm zu reich?
Beispiele wie Südkorea oder Malaysia machen es doch vor: Ein armes Land, dass den Weg der Globalisierung geht, internationale Handelspartner gewinnt, bleibt nicht dauerhaft arm. Es mag sein, das zu Anfang Textilien zu Tiefstlöhnen produziert werden. Doch dem folgen höherwertige Produkte, die entsprechend auch höhere Preise erzielen und damit schlussendlich auch höhere Lohnzahlungen erlauben.
Das Problem ist doch nicht die Entwicklung, die solche Länder nehmen. Das Problem sind doch die, die schamlos mitverdienen. Die Zwischenländer, die erst dafür sorgen, das die Shirts hier soviel mehr kosten, als der, der sie näht, dafür bekommt.
In dieser Richtung sollte Handel gerechter werden. Und aus dieser Sicht ist FairTrade das Richtige. Viele Kleinbauern, Arbeiter, die sich zusammenschließen, Verhandlungsmacht erreichen und Zwischenhändler umgehen.
Das ist fairer Handel.
FairTrade in Deutschland unterstützt vor allem kleinere und mittlere Produzenten. Der Preis der Waren wird gemeinsam festgelegt und muss mindestens so hoch sein, das alle Kosten bezahlt werden können. Wird alles eingehalten, darf das Logo auf die Packung. Produkte findet man überall, selbst in den Supermärkten von Lidl.
Für meinen Stoffladen bedeutet das, das ich durchaus bereit bin, einen höheren Kaufpreis für FairTrade- Produkte zu bezahlen. Das aber dennoch die Grundunsicherheit bleibt. Denn wer sagt mir, dass es sich tatsächlich um Fair Trade handelt? Woher weiß ich, welchen Anteil am Preisaufschlag des Stoffes der Hersteller tatsächlich bekommt oder wie viel bei dem geschäftstüchtigen Vertreter bleibt? Wo bleibt die Transparenz?